Nachdem es in der vergangenen Legislaturperiode zum ersten Mal ein eigenständiges, unabhängiges Ministerium für den Verbraucherschutz gab, wird der Verbraucherschutz bei der neuen Regierung wieder nur mehr als Ressort in das Agrar-, Lebensmittel- und Weinbauministerium integriert.
Auch wenn die Bilanz am Ende der vergangenen Legislaturperiode nicht unbedingt den Vorstellungen der ULC entsprach und noch viel Luft nach oben bestand, ist die Entscheidung der jetzigen Regierung für die ULC eine nicht unbedeutende Rückentwicklung. Der Konsumentenschutz bedauert zutiefst, dass ein eigenständiges, unabhängiges sowie in der Öffentlichkeit sichtbareres Verbraucherschutzministerium der Vergangenheit angehört.
Ein Blick in das Regierungsprogramm lässt somit nicht unbedingt Besserung für den Verbraucherschutz erahnen. Denn unter dem Kapitel Verbraucherschutz stehen nur zwei kleine Absätze, wobei das Wort Kapitel sehr stark übertrieben ist. Natürlich betrifft der Konsumentenschutz übergreifend auch Bereiche anderer Ministerien.
Bei dieser Gelegenheit gratuliert die ULC der nun für den Konsumentenschutz zuständigen Ministerin, Frau Martine Hansen, für ihre Nominierung und wünscht sich eine konstruktive und gute Zusammenarbeit im Interesse aller Verbraucher.
Nachdem die Verabschiedung des Gesetzesprojektes betreffend die Sammelklagen auch im zweiten Anlauf die Hürde nicht geschafft hat, ist dies denn nun der dritte Anlauf. Die ULC hat zu diesem Gesetzesprojekt nicht weniger als fünf Gutachten abgeliefert. Nun bleibt nur zu hoffen, dass nach dem Motto „aller guten Dinge sind drei“ die für den Konsumentenschutz so wichtige Gesetzesvorlage während dieser Legislaturperiode schnellstmöglich in Kraft tritt. Denn sonst drohen dem Luxemburger Staat gehörige Strafen seitens der EU. Nicht unbedingt beruhigend wirkt im Regierungsprogramm der Zusatz „dans le respect des particularités de l’économie luxembourgeoise“. Heißt das nun, dass die Wirtschaftsinteressen über denen der Verbraucher stehen sollen?
Die ULC hatte im Vorfeld der Wahlen einen Forderungskatalog erstellt und einige Forderungen hatten es auch bis in das Wahlprogramm beider Parteien, die nun die neue Regierung bilden, geschafft. Denn für die ULC sind außer der Verabschiedung der Sammelklagen etliche andere Gesetze und Reglemente von großer Wichtigkeit, so z.B. die Konzentration der Betriebe, die Digitalisierung, die Regulierung der Online-Plattformen, die Zirkularwirtschaft und das Recht auf Reparatur, um nur diese zu erwähnen.
Andererseits stehen die Erhaltung und Stärkung der Kaufkraft, die Anpassung der Steuertabelle, die seit 2017 nicht mehr an die Inflation angepasst wurde, immer noch an erster Stelle. Bei der Anpassung der Steuertabelle an die Inflation soll nun im kommenden Jahr vier Indextranchen Rechnung getragen werden. In puncto Steuersenkungen und Stärkung der Kaufkraft hätte man sich nach der Wahlkampagne mehr erwartet. Denn es fehlen noch etliche Anpassungen der Steuertabelle an die Inflation. Weitere Forderungen betreffen den Wohnungsbau oder noch genauer gesagt die Wohnungsbaukrise, die sich wiederum voll auf die Mieten auswirkt. Ob diese Probleme sich so einfach lösen lassen und dies mit einem Minister „à temps partiel“, ist mehr als fraglich.
Hinzu kommt die Situation der älteren Generation in den Alters- und Pflegeheimen, wo oftmals die eigene Rente nicht mehr ausreicht. Des Weiteren bestehen weiterhin größere Probleme beim Adapto-Dienst, bei dem sich eine Reform kurzfristig aufdrängt. Andere tägliche Probleme gibt es nach wie vor bei den Essensgutscheinen, trotz der Reform, die am 1. Januar 2024 in Kraft tritt, oder bei den Geschenkgutscheinen.
Und schlussendlich nicht zu vergessen ist der Finanzsektor, bei dem die horrenden Bankgebühren, die Schließungen der Filialen, der Abbau der Geldautomaten, die schleichende Abschaffung des Bargeldes den Verbrauchern tagtäglich große Sorgen bereiten. Aber leider wagt sich kein Politiker und schon gar nicht diese Regierung an diese Problematik heran. Hierzu findet man kein einziges Wort im Regierungsprogramm.
So hält sich unsere Begeisterung in Grenzen. In puncto Verbraucherschutz kann man die Vorgehensweise der neuen Regierung nicht unbedingt als Fortschritt bezeichnen, sondern eher als Rückschritt. In unserer schnelllebigen Zeit hätte man effektiv annehmen können, dass die Regierung Verbrauchersorgen ernst nimmt und den Konsumenten entgegenkommt.
Am Ende eines äußerst arbeitsintensiven Jahres wünscht das gesamte ULC-Team und der geschäftsführende Vorstand allen Mitgliedern und Konsumenten trotz allem frohe und geruhsame Feiertage sowie ein erfolgreiches und gesundes Jahr 2024.
Nico Hoffmann
Präsident der ULC