Verkehrsunfall: Verantwortlich, obwohl unschuldig
Wegen eines Verkehrsunfalls sah eines unserer Mitglieder sich vor kurzem in einen Streitfall verwickelt, der zwischen ihm und seiner Versicherungsgesellschaft entstanden war. Dies ist an sich nichts Spektakuläres, werden Sie sagen, denn es gibt doch täglich mindestens ein Dutzend Verkehrsunfälle im Land. Und es wird auch wohl nur wenige Autofahrer geben, die während der gesamten Laufzeit ihrer Fahrzeugversicherung niemals auf den Versicherer zurückgreifen müssen.
Im Prinzip haben Sie Recht. Aber dieser Einzelfall unterscheidet sich etwas von einem klassischen Verkehrsunfall, und daher sollte man ihm eine gewisse Aufmerksamkeit widmen.
Nachdem die ULC alle Einzelheiten und Elemente der Angelegenheit zusammengetragen hatte – die sich zunächst nicht stark von jenen Fällen unterschied, die unsere Mitglieder uns regelmäßig anvertrauen – stellte sich heraus, dass unser Mitglied Herr X der Besitzer jenes Fahrzeugs war, das den Unfall verursacht hatte, dass er an diesem Tag aber nicht selbst hinter dem Lenkrad saß, sondern dass er das Fahrzeugs einer Vertrauensperson aus seiner Familie überlassen hatte. Nach übermäßigem Alkoholgenuss hatte diese Person den Unfall verursacht, wobei nicht nur das Fahrzeug unseres Mitglieds, sondern auch noch die Leitplanken am Straßenrand sowie zwei andere Fahrzeuge beschädigt wurden, die einen Zusammenstoß mit den auf der Straße herumliegenden Teilen nicht mehr verhindern konnten.
Herr X verfügte über eine gültige Versicherung und als langjähriger treuer Kunde seiner Versicherungsgesellschaft war er davon überzeugt, die Schadensregelung würde nicht von seiner eigenen Versicherung übernommen, sondern von jener des schuldigen Fahrers. Er machte sich also nicht allzu viele Gedanken über die Folgen und die Wendung, die diese Angelegenheit nehmen würde.
Seine Sorglosigkeit endete aber recht schnell: er staunte nicht schlecht, als er einige Wochen nachdem er den einzelnen Sachbearbeitern die verschiedenen Papiere und Formulare zugestellt hatte, einen Brief seitens seiner Versicherung erhielt in dem ihm mitgeteilt wurde, seine Beteiligung am Schaden - der von einer anderen Person verursacht wurde - beliefe sich auf 3.000 €. Die Reparaturkosten seines Fahrzeugs – die der Unfallverursacher ihm zwar zurückzahlen wollte – hatten sein Konto bereits schwer belastet, und diese Nachricht traf ihn jetzt wie ein Blitz aus heiterem Himmel.
Unser Mitglied glaubte zuerst an einen Irrtum seines Versicherers und setzte sich zwecks Klärung der Angelegenheit mit diesem in Verbindung. Er glaubte, seine vorausgegangenen Erklärungen seien möglicherweise unklar gewesen, und der zuständige Sachbearbeiter sei dadurch vielleicht einem Irrtum aufgesessen. Aber dann musste der Betroffene erkennen, dass die Versicherungsgesellschaft ganz genau Bescheid wusste, dass ein mögliches Missverständnis absolut ausgeschlossen werden konnte, dass die Versicherung auch weiterhin auf ihrem Standpunkt beharrte und die Zahlung des geforderten Betrags von unserem Mitglied verlangte.
Herr X fühlte sich ungerecht behandelt und war der Meinung, die Klauseln des zwischen den Parteien unterzeichneten Vertrags seien nicht eingehalten worden. Zwecks Verteidigung seiner Interessen wandte er sich nun an unsere Dienststellen. Aus unseren Nachforschungen bei den verschiedenen zuständigen Instanzen – insbesondere bei der „Association des Compagnies d’Assurances“ - ergab sich, dass der Standpunkt der Versicherungsgesellschaft unseres Mitglieds korrekt war, was letzterem natürlich missfiel, insbesondere da der Unfall auch noch Auswirkungen auf seine Bonus-Malus-Bewertung hatte. In anderen Worten: die Konsequenzen dieses Zwischenfalls unterschieden sich nicht von jenen eines selbst verursachten Unfalls.
Unser Mitglied erklärte sich nie als damit einverstanden, für die Reparaturkosten der beiden ebenfalls in den Unfall verwickelten Fahrzeuge aufzukommen, denn er behauptete jeder Fahrer müsse zu jedem Zeitpunkt sein Fahrzeug beherrschen, auch wenn etwas absolut Unerwartetes geschieht. Schlussendlich musste er auch in diesem Punkt einlenken und seine Verantwortung übernehmen.
Aus dieser Angelegenheit lassen sich zahlreiche Schlussfolgerungen und Lehren ziehen.
Im Gegensatz zu dem was man annehmen könnte ist in diesem Fall nicht die Haftpflichtversicherung des Fahrers gefordert, sondern die Versicherung des Fahrzeugbesitzers, der alle unangenehmen Folgen tragen muss, die sich daraus ergeben. In Zukunft wird unser Mitglied beim Ausleihen seines Fahrzeugs wohl größere Sorgfalt walten lassen.