Anlässlich der diesjährigen ULC-Generalversammlung vom 22. September wurden sowohl alle Tätigkeitsberichte des vergangenen Jahres als auch das Budget für dieses Jahr einstimmig von den Trägerorganisationen angenommen.
Die alljährliche Generalversammlung ist immer ein guter Anlass sowohl eine Bestandsaufnahme zu machen, als auch einen Blick auf die Zukunft zu wagen, betreffend der vielen Verbraucherprobleme.
So konnte man sich effektiv des Eindrucks nicht erwehren, dass die „alten“, ebenfalls zum größten Teil die zukünftigen Probleme bleiben werden.
Trotz der durch den Vertreter des Verbraucherschutzministeriums angekündigten Gesetzesinitiativen, wird noch etliche Zeit ins Land ziehen, bis es zu deren Inkrafttreten kommt. Aber immerhin ist bei manchen Forderungen der ULC ein kleiner Lichtblick am Horizont zu erkennen.
Die sicherlich bekannteste Initiative, ist die Gesetzesvorlage zu den Sammelklagen, die laut einer europäischen Direktive bis Ende 2022 umzusetzen ist. Die ULC ist gespannt, ob es der Regierung gelingt, so wie angekündigt, die diesbezügliche Vorlage, inklusive den Verbesserungsvorschlägen der ULC, noch vor Jahresende durch das Parlament zu bringen. Aber nicht nur diese Forderung liegt der ULC seit längerem am Herzen, nein, denn die Liste der Verbraucherprobleme ist lang, sehr lang.
Das geht u.a. von der Erhaltung und Stärkung der Kaufkraft, der Bekämpfung der Inflation, den horrenden Preissteigerungen beim Wohnungsbau, einer gerechteren Steuerpolitik, den Problemen der Kunden im Bankensektor bis hin zu der erbärmlichen Lage der Bewohner in den Alters- und Pflegeheimen...
Auch wenn das Herzstück und Kerngeschäft der ULC die Betreuung der Mitglieder und individuellen Verbraucher durch unsere Mitgliederbetreuungsabteilung ist, kann man der ULC nicht verwehren u.a. sei es durch Gutachten oder Öffentlichkeitsarbeit, berechtigte kollektive Forderungen zu stellen. Wir wissen, dass manche es lieber sehen würden, wenn die ULC ihre Arbeit weiterhin im stillen Kämmerlein erledigen würde. Doch die ULC, als national-repräsentative Vertretung der Verbraucher, sieht es als ihre Pflicht, öffentlich Stellung zu nehmen und unbequeme Fragen und Forderungen zu stellen. Uns geht es einzig und allein um die Verteidigung der Verbraucherinteressen, ob das nun dem einen oder anderen passt oder nicht!
Ein Blick auf die Statistiken unseres „Service Contentieux“ von 2020 genügt: 5.313 neue Akten an Streitfällen mussten angelegt werden, über 50.000 Telefonverbindungen und 15.000 E-Mails mussten bearbeitet beziehungsweise verarbeitet werden. Dazu konnten letztes Jahr, durch die Pandemie bedingt, „nur“ 850 Mitglieder in der ULC-Zentrale auf Howald empfangen werden. Allein diese Zahlen sagen mehr aus als alle Wörter über die Wichtigkeit des Konsumentenschutzes.
Als weiteres Beispiel ist unser jahrelanger Einsatz betreffend die bestehenden Probleme vieler Kunden im Bankensektor. Hierbei geht es vor allem um die Bankgebühren, die Schließung der Filialen mit dem Abbau mancher Geldautomaten, die Einführung eines Negativzinssatzes, die teilweise Verweigerung des Bargeldes. Auch wenn dies vielleicht als ein Kampf David gegen Goliath erscheint, wissen wir nur zugute, dass manche Aktionen der ULC in den Tempeln der Banken nerven. Dazu seien ein paar Fragen erlaubt:
Ist es normal, dass man bei zwei (2) Überweisungen am Schalter 14.- Euros Gebühren zu begleichen hat, dass beim Abheben von Bargeld horrende Gebühren zu zahlen sind, dass in den kommenden Jahren weitere Bankfilialen geschlossen werden, dass ab einem bestimmten Betrag, der Kunde aufgrund der EZB-Politik Negativzinsen zu zahlen hat, und dies, ohne irgendeine Gegenleistung zu erhalten, was quasi einer Enteignung gleichkommt? Soll sich die ULC bei diesen Themen der Stimme enthalten?
Oder bei der erbärmlichen Lage in verschiedenen Alters- und Pflegeheimen, wo nicht mal den Grundbedürfnissen einer Toilette und Dusche im Zimmer der Bewohner Rechnung getragen wird. Sicherlich begrüßen wir auch solche Initiativen, die älteren und schwächsten Menschen unserer Gesellschaft mit der Digitalisierung vertraut zu machen, aber ob dadurch im Endeffekt die fundamentalen Probleme zu lösen sind, wagen wir zumindest zu bezweifeln.
Darum müssen u.a. alle obengenannten Probleme an der Wurzel gepackt und praxisnahe Lösungen angeboten werden. Aber, ob dazu der politische Mut vorhanden ist? Schauen wir mal…
Nico Hoffmann
Präsident der ULC